Kommunalpolitik
Oberbürgermeister zu Gast im Jugendgemeinderat
Der Crailsheimer Jugendgemeinderat tagte in seiner jüngsten Sitzung mit einem Gast: Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer stellte sich den Fragen der JGR-Mitglieder. Es ging unter anderem um Plätze für Jugendliche, Extremismus und den verschobenen Verkehrsversuch in der Innenstadt. Die Mitglieder des JGR übten durchaus Kritik, die Grimmer gerne annahm. Er lobte das kommunalpolitische Engagement der Jugendlichen und ihre bisherige Arbeit.
Der 9. Jugendgemeinderat (JGR) in Crailsheim wurde im März vergangenen Jahres gewählt. Seitdem fällt er auf, nicht nur Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer. Erstmals in der Geschichte des JGR brachten die jungen Politiker einen Antrag im Gemeinderat ein: kostenlose Hygieneartikel an Schulen und in Jugendeinrichtungen. Das kam bei den Fraktionen und der Stadtverwaltung gut an.
Grimmer lobte bei seinem Besuch des Gremiums das Engagement der Jugendlichen, die zwischen 14 und 18 Jahre alt sind, sehr, er stelle sich das nicht einfach vor. Das bestätigte auch Klara Klunker, Vorsitzende des JGR, schließlich sei da noch die Schule, die auch wichtig sei. Und ihr Stellvertreter Niclas Lies meinte, er hätte sich die Arbeit ernster vorgestellt, zum Glück werde in den Sitzungen auch viel gelacht. Kommunalpolitik müsse nicht immer bierernst sein, Engagement sei aber wichtig, betonte auch Grimmer: „Der Jugendgemeinderat ist sehr aktiv wahrnehmbar und wir begrüßen das.“ Den Respekt habe man sich erst verdienen müssen, erwiderte Klara Klunker, aber sie hätten alle das Gefühl, es werde ihnen auch zugehört.
Mehr Treffpunkte für Jugendliche
Gesprochen wurde auch über die Amtszeit des JGR, die zwei Jahre beträgt. Zum einen sei diese kurze Zeit gut, meinte Xavier Szymanski-Zwadlo, es ändere sich für Jugendliche sehr schnell sehr viel. Zum anderen seien zwei Jahre sehr wenig, um viel zu bewegen. Dem stimmte Oberbürgermeister Grimmer zu, es gebe allerdings auch eine Rotation im JGR, Projekte könnten somit weitergegeben werden. Das sei auch im Gemeinderat oder in der Stadtverwaltung üblich. Es gab weitere Themen beim Besuch Grimmers in der JGR-Sitzung: Wie geht es mit dem Kunstrasenplatz beim TSV Crailsheim weiter? Da gebe es einige Optionen, die geprüft würden, erklärte der Oberbürgermeister: „Wir sind am Thema dran.“ Das gilt auch für das kostenlose WLAN in der Stadt. Es werde jetzt eine Stunde nachdem das Rathaus schließt, abgeschaltet. Damit sollen Vandalismus und Vermüllung rund um den Marktplatz eingedämmt werden. Das verstanden die Mitglieder des JGR, forderten dann aber auch andere Treffpunkte für Jugendliche. Auch daran arbeiten Stadtverwaltung, Gemeinderat und Jugendbüro, sagte Grimmer, unter anderem in der Östlichen Innenstadt und im Bereich Hirtenwiesen.
Gegen Extremismus und für die Innenstadtentwicklung
Die Mitglieder des Jugendgemeinderats machten sich auch Sorgen um Extremismus, der in Crailsheim mehr und mehr spürbar sei. Beispielsweise im Vorfeld des vergangenen Volksfestes bei der Rede der Bundesvorsitzenden der GRÜNEN, Ricarda Lang, oder auch nur vereinzelte Aufkleber in der Stadt. Insgesamt waren sich die Gesprächsteilnehmer einig, Extremismus, egal in welche Richtung, könne nicht toleriert werden. Grimmer setzt dabei auf Bildung und Aufklärung. Familiäre Vorbilder und auch die städtische Jugendarbeit würden zudem helfen. Und auf die konkrete Frage von Klara Klunker, ob die AfD bei der kommenden Wahl in den Gemeinderat komme, sagte Grimmer: „Sie haben angekündigt, eine Liste aufzustellen, das Szenario halte ich für nicht unrealistisch.“ Es sei aber das eine, diese Partei zu wählen, das andere bei einer Wahl auch Gesicht dafür zu zeigen.
Von Pflichtthemen zum Herzensthema
Hermann Alexander Andrejew wollte von Oberbürgermeister Grimmer wissen, was das wichtigste Projekt für Crailsheim sei. „Das kann ich nicht genau sagen“, antwortete dieser ehrlich und nannte die Schulentwicklung mit einigen Punkten, den Erhalt und die Weiterentwicklung der Infrastruktur, dazu gebe es offene Sanierungsgebiete. „Neben diesen Pflichtthemen ist eines meiner Herzensthemen aber die Innenstadtentwicklung“, so Grimmer. Es müsse mehr Frequenz geschaffen werden, eine bessere Aufenthaltsqualität, das Mikroklima müsse umgebaut werden, sagte Grimmer, denn künftig seien bis zu 70 Hitzetage mit mehr als 30 Grad Celsius im Jahr zu erwarten. Dafür bräuchte es beispielsweise Schatten und Wasser. „Das geht leider alles nicht so schnell, wie wir uns das wünschen.“ Das brachte Klara Klunker auf den Verkehrsversuch, der um ein Jahr verschoben wurde: „War das taktisch klug oder sinnvoll?“ Er selbst hätte den Versuch gerne in diesem Jahr durchgeführt, gab Grimmer zu, aber eine gute Vorbereitung sei auch wichtig. Man müsse eben sehen, wie der Verkehrsversuch in 2024 parallel zu den Kommunalwahlen verlaufe.
Und wie kann insgesamt der Verkehrsfluss in der Stadt verbessert werden, wollte Aaron Rosovits dann wissen. Das führte Oberbürgermeister Grimmer ebenfalls aus, nannte einen möglichen Turbokreisel am Bullinger Eck, einen Kreisverkehr an der Kreuzung Goethe-/Worthingtonstraße oder andere Ampelschaltungen und fasste am Ende zusammen: „Es gibt Prognosen. Das eine ist Theorie, das andere Praxis.“ Das führte zum öffentlichen Nahverkehr, der nach Meinung einiger JGR-Mitglieder deutlich verbessert werden müsste, auch der Rufbus des Landkreises sei nicht immer die ideale Alternative.
JGR bekannter machen
Außerdem möchte sich der Jugendgemeinderat bekannter machen. Nicht nur, dass es den JGR gibt, sondern vor allem, was er tut. Wie würde der Oberbürgermeister das machen? Der schlug Plakate in den Schulen vor, mit QR-Code, der auf die städtische Homepage führt. Denn Soziale Netzwerke wie Instagram seien aus datenschutzrechtlichen Gründen für den JGR als eigener Kanal nicht nutzbar, erklärte der Oberbürgermeister, zu unsicher sind beispielsweise die Inhalte, die letztendlich auf so einem Kanal landen. Der JGR hat bereits beschlossen, zeitnah in Schulen Briefkästen aufzustellen, in die interessierte Schülerinnen und Schüler Zettel mit Ideen und Anregungen einwerfen können. „Das machen die Jugendlichen eher als eine Mail zu schreiben“, hieß es. Denn Oberbürgermeister Grimmer hatte auch einen Mail-Kontakt vorgeschlagen, alternativ zu einem Instagram-Account.
Außerdem könnten Sitzungen der Schülermitverantwortungen (SMV) genutzt werden, um den JGR mehr ins Bewusstsein zu rücken, hieß es aus dem Gremium – dessen Mitglieder gerne noch weiter mit Oberbürgermeister Grimmer diskutiert hätten. Doch die JGR-Vorsitzende Klara Klunker erinnerte an die fortgeschrittene Stunde: „Wir haben auch noch andere Punkte auf der Tagesordnung.“ Und so blieb eine Abschlussfrage von Xavier Szymanski-Zwadlo: „Wie stellen Sie sich das perfekte Crailsheim vor?“
Das perfekte Crailsheim?
Das konnte Grimmer nicht in wenigen Sätzen beantworten. Crailsheim stehe toll da, meinte er, es tue sich einiges. Es sei internationale Wirtschaft ansässig und erweitere sich am Standort, der zweite Bauabschnitt am Kreisklinikum laufe, es gebe mehr Ein- als Auspendler, das Kulturangebot sei toll, es werde aber auch immer mehr Wohnraum nötig. „Wir müssen nicht auf andere schauen, Crailsheim steht gut da“, sagte Grimmer. „Es kann immer besser laufen, aber daran können wir arbeiten“, so der Oberbürgermeister. Mit der Hilfe der vielen Ehrenamtlichen in Crailsheimer Vereinen, im Gemeinderat, aber eben auch im Jugendgemeinderat sei das mit Sicherheit möglich – weiterhin mit engem Austausch und offener Kommunikation.