Serie: Hinter den Kulissen

Mit offenen Augen durchs Viertel

Mähroboter im Einsatz
Die Mähraupe ist sein liebstes Spielzeug: Sicher steuert Stümpfig das Fahrzeug über Hänge und Grünstreifen.

Mit der Mähraupe im Grünstreifen, der Akku-Heckenschere am Wegesrand oder dem Kaltasphalt am Schlagloch: Peter Stümpfig ist Fronmeister in Onolzheim und somit für alles zuständig, was dort in Sachen Grünpflege und Straßenunterhaltung passiert. In der Stadtblatt-Serie „Hinter den Kulissen – so funktioniert Stadt" werden regelmäßig Bereiche der Verwaltung vorgestellt, die das Leben und die Bürgerinnen und Bürger in der Stadt direkt oder indirekt betreffen. In Teil 4 geht′s mit Peter Stümpfig auf Tour durch den Stadtteil im Südwesten Crailsheims.

Kaum hat er seinen Gehörschutz aufgesetzt, scheint Peter Stümpfig in eine ganz eigene Welt abzutauchen. Die Lippen aufeinandergepresst und beide Hände an der Fernsteuerung, hat der 49-Jährige die Agria 9600 ununterbrochen im Blick. Sie ist eine von zwei ferngesteuerten Mähraupen des Crailsheimer Baubetriebshofes, die den Mitarbeitern die Arbeit vor allem an Hängen und Wegrändern erleichtern sollen, und heute dreht sie ihre Runden an den Böschungen und Grünstreifen der Onolzheimer Sportanlagen. Scheinbar mühelos fährt die Mähraupe im Gefälle und um enge Kurven, verwandelt den wilden Blühstreifen binnen kürzester Zeit in eine ordentlich gemähte Wiese. Peter Stümpfig schaltet den Motor aus, rückt sich die Kappe zurecht. Seinem Blick nach zu urteilen, ist er mit dem Resultat zufrieden.

Hier in Onolzheim passiert in Sachen Grünpflege und Straßenunterhaltung fast nichts, ohne dass Stümpfig daran beteiligt ist. Seit rund zehn Jahren ist er Fronmeister des Crailsheimer Stadtteils und hat alle Ecken im Blick, die gemäht, geschnitten und gepflegt werden wollen. Feste To-Do-Listen? Pläne? Kontrollfahrten? Stümpfig lacht kurz. „Das gibt’s hier nicht. Außer natürlich die jährliche Feldwegkontrolle und die Straßenkontrolle alle drei Monate. Den Rest habe ich hier drin“, sagt er und tippt sich mit dem Finger auf die Stirn. Es ist wohl eine Mischung aus Erfahrung, logischem Denken und der Angewohnheit, mit offenen Augen unterwegs zu sein, die ihm hilft, alle anfallenden Arbeiten stets zur richtigen Zeit anzupacken.

Heckenschnitt
Mit der Akku-Heckenschere werden die Gehwege freigehalten. Mit Heckenschnitt und allem, was an den Feldwegen an Grünzeug entfernt wird, kommen jährlich geschätzt rund 100 Kubikmeter in Onolzheim zusammen.

Eigenständig im Stadtteil

Fronmeister, das klingt nach längst vergangenen Zeiten, nach harter Arbeit ohne Belohnung. Tatsächlich stammt der Begriff aus der Zeit der Frondienste im Mittelalter, meint heute jedoch nichts anderes als den Vorarbeiter der jeweiligen Gemeinde oder des Teilortes. Stadtteilmitarbeiter, so nennt Jürgen Butz vom Baubetriebshof Peter Stümpfig und seine sechs Kollegen, die für Onolzheim, Westgartshausen und Goldbach, Jagstheim, Roßfeld, Tiefenbach und Triensbach zuständig sind. „Die Stadtteilmitarbeiter arbeiten eigenverantwortlich in ihrem Bereich und wissen selbst am besten, was wann wo ansteht. Da brauche ich als Vorarbeiter gar nicht groß reinreden“, sagt Butz. Und sollte doch mal etwas auf den Nägeln brennen, stehen Peter Stümpfig und die anderen Fronmeister nicht nur in direktem Kontakt zu den jeweiligen Ortsvorstehern, sondern bekommen auch regelmäßig Rückmeldungen und Anfragen aus der Bevölkerung. Unwahrscheinlich, dass da etwas untergeht.

Ein Fronmeister, viele Chefs
Erstaunlich leise ist es, als Stümpfig ein paar Meter weiter die Heckenschere am Rand des Spielplatzes an der Markgrafenstraße schwingt. Akku statt Benzinmotor, lautet hier die Devise. Meik Weiß, der zuvor am Sportplatz mit dem Freischneider die Detailarbeiten erledigt hat, räumt nun alles auf die Ladefläche des Baubetriebshoffahrzeuges.

Feldwegekontrolle
Auch die Feldwege werden regelmäßig kontrolliert und ausgebessert.

Wie viel da wohl übers Jahr zusammenkommt? „Genau weiß ich das natürlich nicht. Wenn ich schätzen müsste, also Heckenschnitt und alles, was wir an den Feldwegen an Grünflächen entfernen, würde ich rund 100 Kubikmeter sagen“, so Stümpfig. Eine Zahl, die den meisten so nicht bewusst sein dürfte, geschieht doch vieles unbemerkt. Solange die Hecke geschnitten und der Grünstreifen gemäht ist, sind die Anwohner zufrieden. „Wenn die Stadtteilmitarbeiter dann aber draußen unterwegs sind, merken sie, dass sie offensichtlich viele Chefs haben“, sagt Butz augenzwinkernd. Peter Stümpfig muss lachen. Denn nicht selten werden sie von Passanten und Bürgern angesprochen, und jeder kennt mindestens eine Stelle, die dringend gemäht werden müsste. „Beschwerden kommen aber eigentlich nur selten. Wenn, dann rufen die Bürger direkt beim Baubetriebshof an und fragen einfach nach“, sagt Stümpfig.

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Löcher stopfen
Der Geruch nach frischem Teer liegt in der warmen Sommerluft. Auf der Onolzheimer Hauptstraße hat der Fronmeister ein Warndreieck aufgestellt. Das große Schlagloch am rechten Fahrbahnrand, welches wohl schon etliche Autofahrer durchgerüttelt hat, hat der 49-Jährige bereits mit Kaltasphalt aus einem schwarzen 25-Kilo-Eimer aufgeschüttet. „Sobald er an die Luft kommt, reagiert der Asphalt mit dem Sauerstoff, härtet aus und verdichtet“, erklärt Butz. Innerhalb von 15 bis 30 Minuten können Schlaglöcher und Risse auf diese Art und Weise provisorisch geschlossen werden. Stümpfig klopft den Asphalt fest, kehrt die überschüssigen Teerbrocken vom Gehweg – fertig ist die Straße. „Im gesamten Stadtgebiet verbrauchen wir rund 500 Eimer im Jahr. Klar ist aber auch, dass das nur notdürftige Reparaturen sind. Wenn eine Straße wirklich kaputt ist, muss die komplette Asphaltdecke erneuert werden“, so Butz.

Straßenreperatur
Schnelle Hilfe: Mit Kaltasphalt stopft Fronmeister Peter Stümpfig kleinere Schlaglöcher.

Mähraupe, Akku-Heckenschere, Asphalt: Es scheint, als wäre der Fronmeister bei seiner Tour durch Onolzheim für alle Eventualitäten gerüstet. Stümpfig neigt den Kopf leicht zur Seite. Er überlegt. „Alles haben wir natürlich nicht immer dabei, aber vieles. Oder es lagert in den jeweiligen Baubetriebshofgebäuden in den Ortsteilen“, sagt er. Oft komme es vor, dass kleinere Arbeiten zwischenreingeschoben werden, oder ein dringender Anruf verlangt von ihm die Flexibilität, sofort zu reagieren, weshalb eine gewisse Grundausstattung vor Ort sinnvoll ist.

Schotter klopfen
Nächster Halt: Ein Feldweg Richtung Burgbergwald. Schon auf der Fahrt dorthin wird mal nach links, mal nach rechts ausgewichen. Auch hier: Zahlreiche Schlaglöcher, die aufgefüllt und verdichtet werden müssen. Weiß fährt mit dem Frontlader Stück für Stück den Weg entlang, Stümpfig läuft nebenher und verteilt den ausgeschütteten Mineralschotter in den Löchern. Die Ärmel seines Pullovers sind inzwischen hochgekrempelt, die Sonne brennt. „An den Feldwegen gibt es eigentlich immer etwas zu tun: Schotter auffüllen, das Bankett mulchen, die Gräben ausbaggern“, sagt der Fronmeister, bevor er den Kies mit der Rüttelplatte festklopft. Sorgfältig und umhüllt vom tosenden Lärm der Maschine, läuft Stümpfig alle aufgefüllten Löcher ab und hält das Gerät fest. Seine Unterarme vibrieren. Er grinst: Den Besuch im Fitnessstudio kann er sich für diesen Tag schenken.
Wenn das Auffüllen der Schlaglöcher nicht mehr ausreicht, die Feldwege also in einem wirklich miserablen Zustand sind, wird eine Fremdfirma beauftragt, diese zu fräsen und die Oberfläche komplett neu zu machen. „Es kommt natürlich auch darauf an, wie hoch das Verkehrsaufkommen ist. Sind viele Fahrräder unterwegs, schauen wir beispielsweise eher danach, dass es keine Spurrillen und Ausschwemmungen gibt“, sagt Butz.

Mäharbeiten
Wenn in Onolzheim alles gemäht ist und ordentlich aussieht, ist Stümpfig stolz auf seine Arbeit.

Jeder Tag ist anders
Wie viele Kilometer Stümpfig pro Tag im Auto und zu Fuß zurücklegt, ist schwer zu sagen, eines aber ist gewiss: Onolzheim kennt er in- und auswendig, genau wie den Garten der dortigen Grundschule. Als er mit dem roten Kubota F1900 dort mäht, ist das die fünfte Station an diesem Nachmittag. Auf und ab, vor und wieder zurück, immer mit einem Lächeln im Gesicht. Vorne angekommen, schaltet der 49-Jährige den Aufsitzrasenmäher aus. Nach seiner Motivation gefragt, steigt er ab und sagt: „Die Vielseitigkeit, das ist es, was mir an der Stelle des Fronmeisters gefällt. Die frische Luft und die Tatsache, dass jeder Tag anders aussieht“, sagt er. Stümpfig lässt seinen Blick über das gemähte Stück Wiese schweifen und ergänzt: „Wenn alles gut und ordentlich aussieht hier in Onolzheim, dann bin ich stolz auf meine Arbeit.“

(Erstellt am 12. August 2022)