Volksfestplatz

Crailsheims Herz wird umgestaltet

Karte des neuen Volksfestplatzes
Der Volksfestplatz soll großflächig umgestaltet werden und sein Erscheinungsbild verändern.

Der Gemeinderat befasste sich ausführlich mit der Detailplanung zur Umgestaltung des Volksfestplatzes. Die Ideen der Verwaltung kamen überwiegend gut an, doch insbesondere geplante Bäume und die künftige Zahl an Parkplätzen sorgten für intensive Diskussionen.

Er ist das Herzstück Crailsheims. Und das nicht nur während der „fünften Jahreszeit“ im September, sondern schon alleine aufgrund seiner imposanten Größe auch für das restliche Jahr: der Volksfestplatz. Als zentraler Kern des Sanierungsgebiets „Östliche Innenstadt“ ist klar, dass eine Umgestaltung des Platzes auch das Gesicht der Innenstadt nachhaltig verändern wird. Und entsprechende Schritte müssen deswegen auch intensiv geplant werden.
Im Winter 2019 hatte der Gemeinderat daher schon den Masterplan „Östliche Innenstadt“ auf den Weg gebracht, in dem das Neuordnungskonzept strukturiert erfasst wurde. Nun galt es für das Landschaftsarchitekturbüro „adlerolesch“ aus Nürnberg, ein detailliertes Konzept zu erarbeiten, in dem erstmals genau aufgeführt wird, welche Bereiche der insgesamt 60.000 Quadratmeter großen Fläche – zum Vergleich: der Kernbereich um das Rathaus ist lediglich 54.000 Quadratmeter groß – wie gestaltet werden sollen.

Schutzräume für Fußgänger und Radfahrer
Als zentrale Mittelachse von Ost nach West bleibt dabei ein voneinander getrennter Fuß- und Radweg, der nur zweimal von Autos durchkreuzt werden soll und mit einer Baumreihe markiert ist. Er soll in Verlängerung des Lammgartens bis zu den geplanten Wohn- und Freizeitflächen in der östlichen Innenstadt reichen und Passanten einen Schutzraum bieten. Nördlich der Mittelachse sollen Aufenthaltsorte mit Freizeitcharakter geschaffen werden, in denen sowohl die Stadtbiene mit einem Grünzug, Freizeit- sowie Sportanlagen rund um das Jugendbüro und der Karlsberghalle attraktive Aufenthaltsflächen darstellen.
Entlang der Beuerlbacher Straße sah der Masterplan ursprünglich eine Multifunktionswand vor, die auch als möglicher Lärmschutz dienen kann. In Gesprächen mit allen Beteiligten konnte bislang jedoch noch kein konkretes Ergebnis für eine dauerhafte Nutzung gefunden werden. Dennoch soll die notwendige Infrastruktur installiert werden, um zu einem späteren Zeitpunkt entsprechend gerüstet zu sein.
Südlich der Mittelachse herrscht eher der zweckgebundene Charakter als Parkplatz für die in Crailsheim Arbeitstätigen und Besucher vor. Die Parkplätze sind in einen innenstadtnahen Bereich mit 280 Stellplätzen und einen östlich der Querachse liegenden Bereich mit 124 Stellplätzen aufgeteilt. Im Bereich der Karlsberghalle und der HAKRO-Arena sind ebenfalls weitere 29 Parkplätze geplant. Eine Entscheidung, ob und welche Bereiche bewirtschaftet werden, muss der Gemeinderat zu einem späteren Zeitpunkt treffen.

Architektin stellt vor
Landschaftsarchitektin Ulrike Bruns vom Planungsbüro "adlerolesch" aus Nürnberg stellte die Ergebnisse des Detailkonzepts vor.

Steigerung der Aufenthaltsqualität
Im Osten schließt sich der „Platz am Riesenrad“ an, der als verkehrsberuhigter Bereich sowohl Erschließungsstraße für die im Nord- bzw. Südosten angrenzenden neuen Wohngebiete als auch das Bindeglied für Fußgänger und Radfahrer in den weiter nach Osten führenden und auf die neue Bebauung der Wohngebiete Schönebürg I und II abgestimmten Grünzug bildet. Im Süden wird ein „Auftaktplatz“ entstehen, der während des Volksfestes als Treffpunkt für die Volksfestbesucher dient und das Tor zum Volksfest darstellt. Unterjährig ist der Platz als Aufenthaltsort für Fußgänger und Radfahrer zum Verweilen angelegt.
 
Noch in diesem Jahr soll mit den notwendigen Kanalarbeiten begonnen werden. Ab 2023 folgen dann Schritt für Schritt die Außenanlagen, sodass das insgesamt 13,05 Mio. Euro teure Projekt bis Juli 2027 abgeschlossen sein soll.

Lob von den Fraktionen
Alle Fraktionen standen den getätigten Überlegungen positiv gegenüber. Jörg Wüstner erklärte für die AWV, dass der Spagat zwischen Volksfest, Sport, Parkplatz und sonstiger Nutzung gelingen könnte. Sebastian Karg (Grüne) lobte die Attraktivitätssteigerung für den Platz und die gesamte Stadt, bei der es wünschenswert wäre, wenn es tatsächlich so umgesetzt werden würde. Und CDU-Stadtrat Wolfgang Lehnert freute sich, dass Raum für die junge Zielgruppe vorgesehen ist und betonte ebenfalls die positive Optik. Und auch Wolfgang Ansel von der SPD bekundete grundsätzlich die Zustimmung seiner Fraktion.

Neue Aufteilung in Karte
Der neue Volksfestplatz soll in mehrere Bereiche unterteilt sein, die sowohl eine hohe Aufenthaltsqualität darstellen, aber auch einen hohen Nutzwert haben.

Volksfest kann jedes Jahr stattfinden
Größte Sorge des Gemeinderats: Kann das Volksfest wie gewohnt stattfinden? Mehrfach wurden sowohl Oberbürgermeister Dr. Christoph Grimmer und Sozial- & Baubürgermeister Jörg Steuler deutlich: Die klare Vorgabe seitens der Verwaltung ist, dass die Arbeiten jeweils so gestaltet sein müssen, dass das Volksfest ohne Einschränkungen stattfinden kann. „Die Verwaltung macht alles, aber in keiner Weise wagen wir eine Gefährdung des Volksfestes“, stellte Steuler klar.
 
Baumachse für einige ein Störenfried
Nicht anfreunden konnten sich einige Stadträtinnen und Stadträte mit dem Gedanken, dass künftig eine Baumreihe von Ost nach West über den Volksfestplatz verlaufen soll. „Das mit der Reihe verstehe ich nicht, andere Städte pflanzen da nicht“, meinte Ingeborg Hein (BLC). Uwe Berger (CDU) verwies auf die Münchner Theresienwiese, auf der die Stadt ebenfalls auf die Anpflanzung von Grün verzichtet habe. „In 10 bis 20 Jahren wird sich der Charakter des Volksfestes erheblich durch diese Aufforstung verändern, da die bisherigen Stände da nicht mehr hinpassen werden“, warnte er. Sebastian Klunker (AWV) sprach sich hingegen dafür aus, lieber einen Baum mehr als zu wenige zu pflanzen und fügte an: „Ich oute mich als ein Verfechter davon, dass die 360 Tage ohne Volksfest wichtiger für diesen Platz sind als die fünf Tage Festtreiben.“ Deswegen sei es für ihn entscheidend, dass die Fläche bestmöglich für eine ganzjährige Nutzung gestaltet wird. Harald Gronbach (CDU) stellte hingegen die Frage in den Raum, ob die Zahl der Bäume nicht besser reduziert werden könnte.
Hein wollte daher wissen, ob die Bäume gesichert werden können, um durch die schweren Laster der Schausteller am Volksfest nicht beschädigt zu werden, was die Verwaltung bejahte. Susanne Kröper-Vogt, Ressortleiterin Soziales & Kultur und Organisatorin des Volksfestes, versicherte, dass sie in die Planungen miteinbezogen war und diese auch mit den Schaustellern abgesprochen hat: „Legen wir den Plan des diesjährigen Volksfestes über den des später fertig gestalteten Platzes, dann stellen wir fest, dass wir alle Stände unterbekommen. Ich sehe da kein Problem.“
 
Weniger Platz für Aussteller
Doch wo kommen die gewerblichen Aussteller beim Volksfest hin? Finden diese auch weiterhin einen Platz im östlichen Teil? Ja, aber im kleineren Rahmen als früher, wie Kröper-Vogt erklärt: „Die Ausstellung kränkelt seit Jahren und es wird immer schwerer, passende Aussteller zu finden. Die fixen Teilnehmer der vergangenen Jahre bekommen wir auch weiter unter und wir hoffen, weitere durch die Neugestaltung anziehen zu können.“ Einen Punkt, den Uwe Berger nicht nachvollziehen kann: „Von dieser Problematik hören wir im Gemeinderat das erste Mal. Es kann nicht sein, dass die Ausstellung und der Krämermarkt, die beide wichtige Bestandteile des Volksfestes sind, stillschweigend zusammengestrichen werden.“
Ebenfalls umziehen müssen künftig die Schausteller, die heute noch auf dem Festplatz übernachten können. „Dieser Raum steht dann nicht mehr zur Verfügung, sodass wir hier Ausweichflächen benötigen, die beispielsweise am Hangar vorhanden wären“, führte Kröper-Vogt aus.

Parkplatzsituation
Das ursprünglich angedachte Parkkonzept sieht zwei große Stellflächen vor, die voneinander getrennt sind. Hier sieht der Gemeinderat den größten Bedarf an Änderungen.

Wegfall von Parkplätzen
Doch auch außerhalb des Festbetriebs gibt es für den Gemeinderat noch Verbesserungsbedarf. Vor allem die Zahl der geplanten Parkplätze stößt hier auf Widerstand. Die Verwaltung plant künftig mit 433 Stellplätzen, die sich auf zwei große und eine kleine Fläche verteilen. „Diese Zahl haben wir aus dem Masterplan übernommen“, merkte Götz Förg, stellvertretender Ressortleiter Bauen & Verkehr, an. Peter Gansky (BLC) hatte seinerseits jedoch die Vorbereitungszeit genutzt und nachgezählt, wie viele Autos heute schon auf dem Platz parken. „Ich kam dabei auf 400 bis 500 Fahrzeuge heute Morgen. Und wir planen jetzt mit weniger?“ Stefan Markus, Ressortleiter Stadtentwicklung, erklärte, wie die Stadtverwaltung den Ist-Zustand bewertet hat. „Es gab an drei normalen Werktagen Drohnenflüge morgens, mittags und abends. Der gemessene Schnitt lag dabei zwischen 340 und 520 Fahrzeugen.“ Eine Feststellung, die Gansky nicht nachvollziehen konnte: „Wir zahlen also 13 Mio. Euro für einen Platz, wo es künftig bis zu 120 Stellplätze weniger als heute gibt?“ Ihm pflichtete auch Uwe Berger bei: „Welche Diskussionen haben wir über den Wegfall von sechs Parkplätzen in der Innenstadt geführt. Und nun wird uns eröffnet, dass eine dreistellige Zahl wegfallen soll und wir gehen einfach zur Tagesordnung über. Das finde ich bemerkenswert.“
Tatsächlich vorerst vom Tisch ist eine Tiefgarage im vorderen Teil an der Schillerstraße. Diese war im Masterplan als mögliche Option angesehen worden, die es jedoch noch vertiefend zu prüfen galt. Mittlerweile hat sich jedoch herausgestellt, dass der Grunderwerb von benötigten Grundstücken in diesem Bereich schwierig wird, sodass von einer Umsetzung dieser kostspieligen Planung zunächst abgesehen wird.

Wolfgang Ansel (SPD) sprach sich auch deswegen dafür aus, die Stellplatzfrage einer genaueren Untersuchung zu unterziehen: „Ich plädiere nicht für mehr Stellplätze, aber für ein Entwicklungskonzept, bei dem wir auch die Bewirtschaftung mit in den Blick nehmen sollten.“ Auch CDU-Fraktionssprecher Wolfgang Lehnert mahnte: „Wir können die Parkplätze nicht unter den Tisch fallen lassen.“ Ebenso müsse überlegt werden, ob die Zufahrten nicht geändert werden sollten. Derzeit ist vorgesehen, dass der eine Parkplatz über die Beuerlbacher Straße und der zweite über die Schönebürgstraße angefahren werden kann. Nicht nur für Sebastian Klunker (AWV) ein schwieriges Vorhaben, da so Parkplatzsuchende möglicherweise die Verkehrsproblematik weiter verschärfen könnten.

Bereits der Zugang auf den Volksfestplatz, von der Schillerstraße kommend, soll einen hohen Wohlfühlfaktor erzeugen.

Sportflächen dringend gesucht
Angesichts der Schließung des Hartplatzes an der Großsporthalle ist die Verwaltung auch auf der Suche nach einem neuen Standort. Dieser könnte nahe des Jugendbüros gefunden werden. Umso wichtiger sei es, dass dieser ganzjährig genutzt werden kann. „Wir haben in diesem Stadtbereich bereits ein Defizit an Sportmöglichkeiten und haben nun einen Platz verloren, ohne einen neuen zu gewinnen. Es sollte überlegt werden, ob daher nicht auch eine Überdachung der Sportstätte möglich wäre, sodass diese auch im Winter nutzbar ist“, sagte Sebastian Klunker (AWV). In eine ähnliche Richtung tendierte auch Jugendgemeinderats-Vorsitzende Klara Klunker, die zusätzlich wissen wollte, ob für den Sommer genug Schattenplätze geplant werden. „Wir haben überdachte Aufenthaltsbereiche vorgesehen“, erwiderte Landschaftsarchitektin Ulrike Bruns vom beauftragten Planungsbüro.
 
Befruchtende Kritik?
Obwohl die Detailplanungen für den Masterplan von allen Fraktionen durchweg als positiv wahrgenommen wurden, zeigte sich sowohl im Bau- und Sozialausschuss als auch im Gemeinderat, dass noch viele Bedenken ausgeräumt werden müssen. „Wir erleben hier eine enorme Attraktivitätssteigerung auch für das Volksfest. Es ist ein tolles Projekt, das nun von einigen zerredet wird“, meinte Sebastian Karg (Grüne). Sein Fraktionskollege Christian Hellenschmidt pflichtete ihm bei: „Ich finde es bemerkenswert, dass ein paar wenige alles schlecht machen müssen, obwohl die Mehrheit dafür ist. Wenn die Experten den Platz so planen, haben sie sich dabei auch etwas gedacht. Wir sollten uns nicht an das klammern, was wir haben, sondern uns daran orientieren, was wir bekommen werden.“ Wolfgang Lehnert empfand die Diskussion jedoch anders: „Endlich wurde im Fachausschuss diskutiert. Es gibt ein paar neuralgische Punkte, die wir angehen müssen. Aber mit den Tiefbauarbeiten sollten wir dennoch jetzt beginnen.“ Jörg Wüstner, dessen AWV-Fraktion mehrere Anträge stellte, war es deswegen auch wichtig zu betonen, dass man nichts blockieren wolle, sondern nur kleine Stellschrauben verändern möchte.

Viele Hausaufgaben für die Verwaltung
Und so beschloss der Gemeinderat mehrheitlich, eine eigentlich als „urban farming“ vorgesehene Fläche alternativ zu entwickeln. Außerdem soll die Verwaltung eine Alternative vorstellen, die eine Verbindung der beiden Parkplatzflächen vorsieht. In dem Zusammenhang wurde die Verwaltung ebenso beauftragt, zu prüfen, ob eine Durchfahrt zwischen den Parkflächen flexibel gestaltet werden kann. Auch eine nordsüdliche Durchfahrt von der Beuerlbacher Straße zur Schönebürgstraße soll flexibler ermöglicht werden. In einer gesonderten Vorlage möchte das Gremium zudem über die Ausgestaltung der Volksfestausstellung und des Krämermarktes beraten. Zudem soll nun ein Parkplatzkonzept entwickelt werden, das auch zusätzliche E-Ladestationen vorsieht und die Gebührengestaltung beinhaltet. Aus diesem Grund sprach sich der Gemeinderat mehrheitlich dafür aus, die Gesamtplanung für den Volksfestplatz zu vertagen. Davon nicht betroffen sind jedoch die Kanalarbeiten, die im Herbst dieses Jahres starten werden und den ersten Bauabschnitt darstellen.

(Erstellt am 07. Juli 2022)